Wie alles begann

Die Liptinger Schlehenbeißer

Die Zunft der Schlehenbeißer hat seit ihrer Gründung im Jahre 1961 die Liptinger Fasnet entscheidend geprägt. Sie wurde nicht nur Namensgeber für den früheren „Narrenverein Liptingen“, mit den Schlehenbeißern haben wir die Liptinger Fasnet auch weit über unsere Grenzen hinaus bekannt gemacht.

Im Jahre 1959 formierten sich 24 Zünfte im Hegau zur heutigen Narren­vereinigung Hegau-Bodensee und hielten ihr erstes, gemeinsames Narrentreffen in Ludwigshafen ab, wozu auch der Liptinger Narrenrat eingeladen wurde.

Dieser, angeführt von unserem langjährigen Narrenvater und Zunftgründer Walfried Renner, hatte die Zeichen der Zeit erkannt und sind mit dem Gedanken nach Hause gefahren, auch in Liptingen eine Narrenfigur ins Leben zu rufen. Ziel sollte es sein, die Dorffasnet durch eine Narrenfigur zu ergänzen und zu festigen, aber vor allem hatte man auch die Mitgliedschaft in der noch jungen Narrenvereinigung im Sinn.

Erste Gedanken zum Schlehenbeisser

Bei der Abschlussversammlung der Fasnet 1960 wurde zum ersten Mal über die Schaffung einer Zunftfigur nachgedacht. Man erinnerte sich an die Geschichte. Liptingen war früher – im Gegensatz zu vielen anderen Hegau-Gemeinden- eine arme Gemeinde. Der spärliche und steinige Boden brachte bei weitem nicht die Erträge wie im fruchtbaren Hegau oder am Bodensee. Als Schutz vor den oft eisigen Winden und dem rauen Klima wurden rings um die Felder Schlehenhecken gepflanzt, eine anspruchslose Pflanze für den kargen und steinigen Boden, den man in Liptingen vorfand. Dies führte dazu, dass die Liptinger zu dieser Zeit oft auch verächtlich „Schlehenbure“ genannt wurden.

Dies gab den Ausschlag für den Schlehenbeißer, der nach vielen Überlegungen in einer Sitzung am 06.09.1960 im Gasthaus Löwen geboren wurde. Auch über das Häs und die Maske wurde viel diskutiert.

Entwurf der Maske von Florian Schlosser

Die Entscheidung für die Maske viel am 07.12.1960 im damaligen Cafe Keller. Anwesend waren u.a. der bekannte Maskenschnitzer Florian Schlosser sowie der damalige Oberlehrer Alfred Eble. Der Selbige nahm einen Wein-Korken in den Mund (als Ersatz für eine Schlehe) und schnitt eine saure Grimasse, was Florian Schlosser begeistert aufnahm.

In einer weiteren Sitzung am 18.12.1960 stellte Florian Schlosser bereits eine halbfertige Probemaske vor, die allgemein Anerkennung fand.

Auch das Häs war in der Zwischenzeit definiert. Die Hose zeigt symbolisch die 4 Jahreszeiten mit dem jeweiligen Blütenstand der Schlehe, entworfen von Franz Heim.

Entwurf der Hosenbemalung von Franz Heim

Die blaue Farbe der Schlehe fand sich im Kittel wieder. Auf dem Kittel befindet sich das Narrenwappen der Schlehenbeißer, entworfen von Franz Kirchmann.

Auch ein spezielles Lied sollte der neuen Zunft gewidmet werden. Das Schlehenbeißerlied, das heute noch gesungen wird, textete der damalige stv. Narrenvater Walter Maier, Alfons Renner schrieb die Melodie dazu. Auch der „Liptinger Narrenmarsch“ folgte: Der damalige Dirigent der Musikkapelle Liptingen hatte einen „guten Draht“ zum Stadtkapellmeister von Stockach, Herrn Edwin Gommeringer. Dieser hat sich der Aufgabe angenommen und den heutigen Narrenmarsch geschrieben, der am Närrischen Kunterbunt im Jahre 1964, unter der Stabführung des Komponisten, uraufgeführt wurde.

Der Schlehenbeißer war geboren, nun sollte dieser in einem würdigen Rahmen noch vorgestellt werden, dieses Festbankett wurde auf den 11.02.1961 festgelegt. Am 05.02.1961 fand eine letzte vorbereitende Sitzung des Narrenrates statt. Dieser stellte fest, dass der Narrenrat für den festlichen Anlass eigentlich über kein adäquates Häs verfügt. Zum Glück hatte man als Kassier den Schneidermeister Bernhard Klöck. Dieser fertigte in aller Eile noch rote Westen für den Narrenrat, die einen Tag vor dem großen Ereignis an die Narrenräte ausgegeben wurden.

Entwurf des Wappens von Franz Kirchmann
Stadtkapellmeister Edwin Gommeringer

Narrenrat und Narrenmusik trafen sich am Samstag, den 11.02.1961 im Kreuz, mit Musik ging es zum Löwensaal. Nach dem Spielen des Narrenmarsches war der erste große Auftritt der Schlehenbeißer. Der Narrenvater Walfried Renner stellte den Schlehenbeißer vor. Es folgte ein buntes Programm, bei dem allen Anwesenden auch für die Unterstützung gedankt wurde. 

So erhielt die Jugendgruppe einen Pudding, die Narrenmusik erhielt eine Lyra aus Brot überreicht. Der Gesangverein, der das neue Schlehenbeißerlied vorstellte, erhielt als Dank eine große Flasche Wein. Der Sportverein durfte sich über einen Schwartenmagen freuen, der Theatergesellschaft wollte man mit Zubehör für deren Kulissen helfen, diese erhielten einen Pack Nägel und Pralinen. Am meisten freute sich aber die Feuerwehr über ein Fass Bier.

Bei der Abschlussversammlung des Narrenvereins am 05.03.1961 wurde beschlossen, den Namen des „Narrenverein Liptingen“ in „Narrenverein Schlehenbeißer“ zu ändern, mit entsprechendem Eintrag im Vereinsregister.

Es erfolgte ebenfalls der einstimmige Beschluss, als 26. Mitglied der damals noch jungen Narrenvereinigung Hegau-Bodensee beizutreten.

Somit war der Grundstein für die Zunft, so wie wir sie heute kennen, gelegt!

Walfried Renner